48. Woche 2014

Liebe Schwestern und Brüder!

Kaum jemand hatte dem Frühchen eine Chance gegeben. An sich hätte man die Eltern mental schon auf den bald erwarteten Tod vorbereiten wollen. Aber sie hofften wider alle Hoffnung. In der ganzen Hilflosigkeit tat die Mutter das einzige, was sie tun konnte: ihr Kind zwischen den Behandlungen in ihren Armen zu bergen, ihm  Wärme und Nähe zu schenken. Und das kleine Wunder geschah: es überlebte.

Ich frage mich, bei allem, was in unserem Leben wichtig zu sein scheint: ist es nicht das, worauf es ankommt? Alle sagen: es hat doch keinen Zweck mehr. Doch die Frau weiß: ich kann meine Liebe geben, jetzt. Und sie behält Recht. Unsere Gesellschaft sagt: das Kind behält eine Behinderung, wer weiß, wie lange es leben wird. Die Frau ahnt vielleicht: es kommt nicht auf die Dauer des Lebens an, sondern auf die Liebe, die wir einander schenken.

Am Ende des Kirchenjahres kommt das Ende des Lebens und das Ende der Welt in den Blick. Und da stellt sich genau wie in der geschilderten Situation die schlichte Frage: worauf kommt es eigentlich an, was ist am Ende wichtig? Und Jesus gibt im heutigen Evangelium die Antwort, die auch diese Mutter gelebt hat: es kommt auf die Liebe an. Und zwar gar nicht unbedingt in Form von großer, übermenschlicher, heroischer Hingabe – etwas, was wir oft in heiligen Vorbildern vielleicht bewundern, aber für uns wohl eher als Überforderung erleben. Sondern in der Form, wie sie Frère Roger einmal ausgedrückt hat: „Lebe, was du vom Evangelium verstanden hast, und sei es noch so wenig. Aber lebe es.“

Wenn unser neuer Bischof Woelki uns mit der Initiative „Neue Nachbarn“ die Flüchtlinge ans Herz legt, meint er nicht, dass wir jetzt spektakulär und medienwirksam aktiv werden sollen, sondern dass wir ganz einfach echtes Miteinander leben. Es wird nichts Überforderndes von uns gefragt, sondern nur dies: die Liebe zu geben, die ich jetzt geben kann. Und wir werden erstaunt entdecken: unser Herr und König ist genau dort. Ubi caritas, Deus ibi est – wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr. 

Ich wünsche Ihnen diese erstaunliche Erfahrung!

Unterschrift Schweflinghaus
Christina Schweflinghaus, Pastoralassistentin

Bild: Creative Commons License Heike Mintel, Baby, bilder.erzbistum-koeln.de

Zurück