24. Woche 2016

Das kann ich mir nie verzeihen!

Da war ich einen Augenblick unbedacht, aufgewühlt und habe etwas gesagt, was ich nicht hätte sagen dürfen, weil es verletzend und unfair war. Entsprechend hat das Gegenüber reagiert. Obwohl nach einer Aussprache mir verziehen wurde, komme ich nicht davon weg, dass ich diese Blöße gezeigt habe.“  Oder: „Auf Grund der gelösten Stimmung habe ich mich im Verhalten gegenüber dem Mann oder gegenüber der Frau gehenlassen und dabei fast meine Ehe gefährdet. Gut, dass mein Mann oder meine Frau nicht dabei waren. Ich schäme mich jetzt noch meiner Schwäche.“

Wer kennt diesen Gedanken nicht. Ich werde sie nicht los, obwohl mir schon längst vergeben wurde. Manche legen sich selbst eine  Buße auf, um zur Ruhe zu kommen. Es ist nicht so einfach, sich selbst zu vergeben und seine Schwäche zu akzeptieren.

Das ist auch eine Seite der Barmherzigkeit: der Vergebung durch einen anderen und der Vergebung durch Gott zu vertrauen. Im heutigen Sonntagsevangelium ist die Frau sehr überschwänglich in den Ehrfurchtsbezeugungen gegenüber Jesus: Die Tränen, das Küssen der Füße, die Salbung mit kostbarem Öl sind eine sehr ekstatische Buße. Wie eine Verdurstende wird sie das Wort Jesu aufgesaugt haben: Deine Sünden sind dir vergeben.

Die Barmherzigkeit Gottes zeigt sich in der Vergebung. Die muss man annehmen können. Aber zuvor muss die Schwäche, aus der die Sünde erstanden, aus der heraus man schuldig geworden ist, erkannt werden. Auch unangenehme Wahrheiten sind Wahrheiten. Sie zu bekennen ist Voraussetzung der Vergebung, durch Menschen und durch Gott. Barmherzigkeit ist die Antwort auf die ehrliche Klarheit in Bezug auf die eigene Schuld. Und Barmherzigkeit ist das Vertrauen, dass das Leben nur gelingt, in dem ich mir Vergebung zusprechen lasse. Die eigene Schuld zu leugnen oder alles zu rechtfertigen, leugnet die Wahrheit und bringt keine Versöhnung.

Im Sonntagsevangelium sagt Jesu zur Sünderin:  Deine Sünden sind dir vergeben. Und  nun geh in Frieden. Darum geht es: Frieden finden durch Vergebung. Die finden wir bei Gott. Der verzeiht, auch wenn wir uns etwas nicht verzeihen können.

Ich wünsche Ihnen, dass dieser Glaube Sie trägt und Ihr Leben erleichtert. 

Unterschrift Sülzenfuss
Karl-Heinz Sülzenfuss, Pfarrer und Leiter der Gemeinde

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