23. Woche 2020

Liebe Schwestern und Brüder,

achten Sie mal darauf, wenn Sie draußen unterwegs sind: Das häufigste Wort, das man als Passant auf der Straße aufschnappt, ist das Wörtchen „Komm!“. „Komm!“ sagt die Mutter zum trödelnden Kind, „Komm!“ ruft das Herrchen dem am Laternenpfahl schnüffelnden Hund zu, „Komm jetzt!“ drängt der Mann seine Frau am Schaufenster mit der neuen Sommerkollektion. Wer „Komm!“ ruft, der ist fast immer von Ungeduld geleitet, dem kann es nicht schnell genug sein, für den muss es vorwärts gehen.

„Komm!“ rufen Christen in diesen Tagen ganz besonders intensiv. Dieser Ruf darf, ja muss voller Nachdruck und Ungeduld sein. Er richtet sich aber nicht an einen lieben Menschen oder ein Haustier – er ist unsere intensive Bitte an Gott um das Kommen seines Heiligen Geistes. Am ersten Pfingstfest ist er eingebrochen über die Gemeinde in Jerusalem. Und es gab kein Halten mehr!

Pfingsten ist daher das Fest des Aufbruchs. Damals in Jerusalem war dies der Beginn einer Bewegung, die die Welt verändert hat, weil die Anhängerinnen und Anhänger dieser Bewegung etwas zu verkünden hatten, was bisher noch nicht gehört worden war: die Frohe Botschaft von Jesus Christus, die Botschaft von der Liebe, die stärker ist als aller Hass, die Botschaft vom Leben, das dem Tod den Stachel gezogen hat.

Der Heilige Geist musste sich nicht lange bitten lassen: Er kam herab zu den Menschen im Zeichen des Feuers und des Sturmes und überwand alle Sprachbarrieren und Distanzen. Er schaffte Verständnis füreinander, Gemeinschaft miteinander, Einheit untereinander. Wie sehr wünschen wir uns das wieder! Ganz analog, ohne anderthalb Meter Abstand und einen Stofflappen vor Mund und Nase.

„Social distancing“ ist eine un-geistliche Wortschöpfung. Sie widerspricht Gottes Absicht, uns Menschen zu einer Gemeinschaft im Heiligen Geist zusammenzuführen. So un-geistlich diese aktuelle Aufforderung daherkommt, so notwendig und sinnvoll ist sie unter den aktuellen Bedingungen der Corona-Pandemie.

Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, aber ich weiß, dass Gottes Geist sich bitten lässt. Nachdrücklich und drängend soll unser Gebet an diesem Pfingstfest sein: „Komm, Heiliger Geist! Erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!“

Ein gesegnetes Pfingstfest und den sprichwörtlich langen Atem des Heiligen Geistes wünsche ich Ihnen und euch von Herzen

Unterschrift Boss
Oliver Boss, Pfarrer

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