13.+14. Woche 2021

Liebe Schwestern und Brüder,

„Ich zähl` bis drei, dann ist hier Karneval!“ stand auf der Postkarte mit der Domsilhouette, die mir Freunde aus Köln Anfang Februar schickten In diesem Jahr konnten Kölner und Düsseldorfer zählen, so lange sie wollten – der Karneval blieb aus! Wie anders Ostern: Ostern wird stattfinden! Wir zählen bis drei – die Heiligen Drei Tage-, dann ist hier Ostern, Auferstehung, Jubel und Freude. Für uns Christen das höchste Fest, das unsere gesamte Einstellung zum Leben hier auf der Erde prägt und uns eine feste Hoffnung auf ein ewiges Leben über den Tod und das Grab hinaus schenkt.

Ich freue mich auf Ostern, aber in diesem Jahr mischt sich auch viel Schweres unter die Vorfreude. Und ich weiß, dass es ganz vielen Menschen in unserer Gemeinde und darüber hinaus genauso geht. Inzwischen kennen wir alle aus dem näheren oder weiteren Umfeld Menschen, die an Corona erkrankt sind; einige Gemeindemitglieder mussten wir in den letzten Monaten zu Grabe tragen. Dazu gesellen sich die wachsenden Existenzängste so vieler, die eingeschränkten Möglichkeiten, sich gesellig zu treffen, die Reisebeschränkungen und manches mehr.

Auf der anderen Seite erschüttert selbst viele treue und mit der Kirche verbundene Katholiken die aktuelle Situation im Erzbistum Köln. Wir blicken seit der Veröffentlichung des juristischen Gutachtens am 18. März in einen tiefen Krater von Verbrechen, Versagen und Schuld, verursacht durch Geistliche und Kirchenmitarbeiter. Überall werde ich in der Gemeinde darauf angesprochen. Fassungslosigkeit paart sich hier bei vielen mit Wut und Vertrauensverlust in die Institution. Gleichermaßen erhitzt die fast zeitgleich veröffentlichte Erklärung der Glaubenskongregation in Rom zum Verbot von Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare die Gemüter. Form und Inhalt der Veröffentlichung entsprechen in meinen Augen gerade nicht dem Systemwechsel, den die Kirche jetzt so dringend braucht, und etikettieren die Liebe zweier Menschen als Liebe zweiter Klasse.

In einer solchen Zeit sehnen wir uns nach nichts mehr als nach positiven Signalen, nach Lebenszeichen. Lebenszeichen machen Mut und schenken Hoffnung in einer Zeit vieler negativer und lähmender Nachrichten und Erfahrungen. Aber wo stoßen wir auf echte Lebenszeichen, wo finden wir sie?

Meine vielleicht paradoxe, aber ehrliche Antwort als Christ lautet: vielerorts und gerade jetzt in der Kirche. Die ureigene Aufgabe der Kirche als Gemeinschaft der Jüngerinnen und Jünger Jesu Christi ist es, die Frohe Botschaft vom Sieg des Lebens über den Tod voll Energie und mit starker Stimme zu verkünden. Jesu Jüngerinnen und Jünger sind wir! Auch wenn unsere Energie momentan nachgelassen hat und unsere Stimme belegt ist, die frohe Osterbotschaft muss auch – und gerade – in diesem Jahr wieder verkündet werden, und sie wird es. Wenn wir als Gemeinde Ostern feiern, setzen wir damit ein sichtbares Lebenszeichen, dass Gott uns nicht den negativen Schwerkräften überlässt, sondern dass aus Scheitern und Tod das neue Leben hervorbricht.

Viele österliche Lebenszeichen wünsche ich Ihnen in den kommenden Tagen. Zählen wir ab Gründonnerstag gemeinsam bis drei – dann ist hier in St. Margareta Ostern – und auf der ganzen Welt! Frohe Ostern!

Unterschrift Boss
Oliver Boss, Pfarrer

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