01. Woche 2021
Stille Nacht. Das Wort wieder finden.
Stillere Nächte waren es: keine Adventsfeiern, Lieder, Chöre, Böller, Partys. Sprachlos macht das Leid der Opfer sexuellen Missbrauchs und die plötzliche Nähe dieses Themas für unsere Pfarrei.
Stille Nacht. Wie finden wir Worte wieder?
Es gibt ja Worte: der Fassungslosigkeit, Wut, Enttäuschung, Resignation, Sorge, des Sarkasmus und Protestes. Und diese braucht es jetzt. Aber das kann doch für eine christliche Gemeinde nicht alles sein. Es braucht doch gerade jetzt das Wort der Wiederbelebung, Aufrichtung, Ermutigung, Hoffnung, Vision, Orientierung - für Opfer, Gemeinden, alle Menschen. Wenn wir diese verständlicherweise derzeit nicht finden – wo finden wir sie dann? Das heutige Evangelium sagt es uns: “Das Wort ist Fleisch geworden”:
- Damals in der Stille einer heiligen Nacht - heute in unsere Stille und Sprachlosigkeit.
- Damals in einer Zeit der Fassungslosigkeit, Wut, Enttäuschung, Resignation, Sorge, des Sarkasmus und Protestes – heute in die gleiche Situation.
- Damals durch eine Frau, deren eigene menschliche Möglichkeiten, Kräfte, Worte das nicht hätten möglich machen können - heute durch uns, die wir mit unseren menschlichen Möglichkeiten, Kräften, Worten am Ende zu sein scheinen.
Mein Wunsch für das Neue Jahr 2021: Dass sein fleischgewordenes Wort unsere Stille durchbricht. Lasst uns endlich gemeinsam zu DIESEM Wort an den Tisch setzen. Er ist so berstend voll für uns gedeckt. Trotzdem sieht es dort eher aus wie bei “Dinner for one”. Es geht nicht um gute Predigten, Vorträge oder eine Bibelwoche. Es geht darum, dass wir flächendeckend und kontinuierlich von diesem Tisch miteinander und voneinander exakt diese Wiederbelebung, Aufrichtung, Ermutigung, Hoffnung, Vision und Orientierung erhalten, die allein jetzt heilen können. Und dann: “Als die Hirten das Kind (= Wort) sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten...” (Lk 2,16f.) Trotzdem und gerade jetzt haben wir den Auftrag, Staunen hervorzurufen: Staunen über sein Wort, Staunen darüber, wie er seine Gemeinde wiederbelebt, aufgerichtet, ermutigt und Hoffnung, Vision und Orientierung geschenkt hat.
Maria ist der Neujahrsgruß für uns Christen, ihr Hochfest haben wir ja am 1. Januar gefeiert: Sie ist doch der deutlichste Erweis dessen, was Gottes Wort ermöglichen kann - wenn man sich zu ihm an den Tisch setzt. Möge sie deshalb unser kommendes Jahr und die Gaben auf dem Tisch des Wortes segnen! Damit wir zum Segen werden.
Das wünscht mit allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern
Ihr
Markus Herz, Pastoralreferent